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Die
Bundeswehr dankt Dies gehört zu den vielen wahren
Geschichten, die ich vor Gericht unbedingt als "reine Fiktion"
bezeichnen würde. Mein Chef Tutsch rief mich zu sich. Ich ging
mit einer tiefen Verbeugung und einem breiten Grinsen an der verschüchterten
Sekretärin Joëlle (genannt Johle) vorbei, klopfte an seiner Tür und trat ein.
Streitlärm kam mir entgegen. Tutsch und Miltner saßen am Besprechungstisch
und funkelten sich gegenseitig an. Tutsch hatte wie immer bei Streitereien
einen roten Kopf. Seine Schweinsäuglein waren blutunterlaufen. "Ich würde es doch selber machen, wenn
ich da wäre" sagte Tutsch laut, wobei er einige Male beide Hände
geräuschvoll auf die Oberschenkel fallen ließ. "Ist doch wirklich nichts
dabei, oder? Ich bin aber nun mal nicht da!" "Ich gehe mit ihm nicht in den
Puff" sagte mein Kollege Miltner ruhig, aber mit gepreßter Stimme. Er
hatte ebenfalls einen roten Kopf, seine Hände zitterten leicht. "Herrgott noch mal, Sie sollen ihn nur
hinfahren und bis zum Empfang begleiten! Niemand verlangt von Ihnen, daß Sie
selbst reingehen! Nehmen Sie einen Firmenwagen, wenn Sie nicht mit Ihrem Auto
vorfahren wollen!" "Soll ich etwa auch ein anderes
Gesicht verwenden, damit ich nicht erkannt werde?" fragte Miltner
zurück. Na so was, der war ja richtig böse! Seine Reaktion überraschte mich, ich kannte
ihn bisher nur als Duckmaus. Wir nannten ihn "Waschweib". Mit
seinem flachen, gerunzelten Gesicht und seiner gebückten Haltung sah er in
der Tat einem solchen sehr ähnlich. Diesen Spitznamen verdiente er jedoch
erst recht durch seine hohe Stimme, seine Mutlosigkeit und durch seine
Neigung, Gerüchte zu verbreiten. Er wurde von seinem Vater (wie auch von fast
jedem anderen Bewohner dieses Planeten) unterdrückt und entwickelte sich
daraufhin zu einem Menschenhasser. Seine Frau liebte er jedoch abgöttisch.
Und nun stellte er sich auf die Hinterbeine. "Worum geht es hier? Und was habe ich
damit zu tun?" fragte ich. Ich saß nun Tutsch direkt gegenüber. "Wir kriegen doch Besuch von der
Bundeswehr und ich bin in Urlaub. Brigadegeneral Nortmeyer ist am
zweiundzwanzigsten da, am dreiundzwanzigsten fängt doch das Seminar an, wo
Sie den Vortrag halten müssen" sagte Tutsch in beleidigtem Ton.
"Und nun stellt sich Ihr Kollege hier doch wirklich an." Tutsch hatte offenbar Angst um seinen
Urlaub. Sein Lieblingswort "doch" wurde in Spezialfällen wie diesem
durch die Worte "nun" und "wirklich" ergänzt. Das hatte
ich nun doch wirklich nicht nur einmal gehört. Ich schaute Miltner an. "Ich betreue Nortmeyer am
zweiundzwanzigsten. Laborbesuch, Führung durch die Produktion,
Schloßbesichtigung. Und anschließend will er in die ‚Heiße Hütte’. Natürlich
in Begleitung. Will von seinem Hotel mit dem Auto abgeholt werden." (Die „Heiße Hütte“ war ein inoffizielles
Bordell in B., getarnt als Hotel Garni/Restaurant. Zwei Jahre später brannte
es bis auf die Grundmauer und wurde nicht wieder aufgebaut.) "Das ist aber kein Grund zu
streiten" sagte ich. "Insbesondere dann nicht, wenn das Problem so
leicht zu lösen ist." Den letzten Satz richtete ich
unmißverständlich direkt an Tutsch. "Wie? Was wollen Sie damit
sagen?" "Passen Sie auf. Nortmeyer will bestimmt
nur deswegen in Begleitung auftreten, um bei den Mädchen im Bordell Eindruck
zu machen. Das gehört bei ihm wohl zum Vorspiel. Geben wir ihm also ein
dickes Auto und einen adretten Fahrer und die Sache ist erledigt. Schicken
wir doch Krüger, um ihn abzuholen." Krüger war der persönliche Chauffeur der
Firmeninhaberin und Geschäftsführerin für Personal und Soziales, Frau
Braun-Berding. Der Bursche sah aus wie ein Gymnasiallehrer und war ein
ausgesprochenes Ekel. Die Vorstellung, ihn und den Wagen von Braun-Berding in
die Geschichte hineinzuziehen, machte mir besonders viel Spaß. Tutsch stand begeistert auf und lief sofort
zu seinem Schreibtisch. "Mensch! Das ist doch eine ganz prima
Idee! Ich rufe gleich die Chefin an! Das kann sie mir doch nicht abschlagen!" Und sie tat es letztendlich auch nicht. Der erleichterte Blick von Miltner war die
letzte Sache von Bedeutung, die ich in dieser Angelegenheit bewußt wahrnahm. Ach ja, noch etwas. Am dreiundzwanzigsten,
als ich meinen Vortrag vor den Bundeswehrangehörigen hielt, war natürlich
auch Brigadegeneral Nortmeyer dabei, ein vierschrötiger, kräftiger kleiner
Kerl mit Schnurrbart. Er hielt eine Einführungsrede und bedankte sich bei der
Firma Soledo für die Gastfreundschaft und die Organisation des Seminars. In
seiner Danksagung erwähnte er die Namen der Chefin, von Tutsch, Miltner und
mir. Weitere Namen nannte er nicht. Das fand ich nicht in Ordnung. Auch wenn er
verständlicherweise keinen Mädchennamen nennen konnte, hätte er wenigstens
den armen Krüger bedenken sollen. |
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