Entrüstung

Mein 13-jähriger Quasi-Sohn Sven fragt mir wie üblich Löcher in den Bauch.

“Sag mal…” Pause… “… was ist eine Sachentscheidung?”

“Das gibt’s immer, wenn man in einer gegebenen Situation objektiv entscheiden kann. Der Fluß x ist 2, 8 Km breit, also muß eine Autobahnbrücke über diesen Fluß mindestens 2,8 Km lang sein. Ganz einfach.”

“Und eine politische Entscheidung?”

“Da weiß man überhaupt nicht, wie breit der Fluß x ist. Man macht dazu eine sehr vorsichtige Schätzung, sagen wir in unserem Fall 1 Km. Dann halbiert man diese Zahl, damit das Ganze politisch überhaupt durchsetzbar wird. Man baut also über den 2,8 Km breiten Fluß x eine 0,5 km lange Brücke.”

“Die reicht aber nicht!”

“Kein Problem, die Autos werden am Ende der Brücke nach wie vor mit der Fähre rübergeschafft” antwortete ich trocken.

Diese Logik schien ihn nicht ganz zu überzeugen. Die nächste Frage drängte aber zu stark.

“Und was ist eine Managemententscheidung?”

“Das ist eine Mischung von beiden. Hinzu kommt aber eine neue Komponente: ein Manager entscheidet in bezug auf die Länge der Brücke mehr oder weniger konservativ, je nachdem, ob die Brücke vor oder nach Beendigung seines zeitlich befristeten Arbeitsvertrages fertig sein soll” sagte ich indem ich dabei jedes einzelne Wort überdeutlich aussprach.

Daran hatte Sven eine Weile zu knabbern. Er erholte sich aber schnell und ließ die nächste Frage los.

“Was ist eine Businessdriven Entscheidung?”

DAS ging nun eindeutig zu weit. Gleich fragt er mich was über Shareholdervalue oder Globalisierung!

“Laß mich bitte mit dem Quatsch in Ruhe, ja? Sonst vergesse ich mich noch!”

Ausnahmsweise ist meine Geschichte nicht ganz wahr, muß ich gestehen. Mein Quasi-Sohn Sven ist zwar genauso real wie seine Fragerei und meine Ungeduld. Daß er sich für so einen Unsinn interessiert, ist jedoch erlogen. Er möge mir das verzeihen.