Tagebuch archiv 5

Pauls Tagebuch

Rechtlicher Hinweis: Der Betreiber dieser Seite und Verfasser der Tagebucheinträge möchte sich ausdrücklich von einigen der hier geäußerten Meinungen distanzieren, von anderen hingegen nicht.

Soziale Kompetenz

23.5.05

“Sollte ich meine Alte mit einem Anderen erwischen” sagte der Pavian zum Menschen, “dann verprügele ich erst ihn, dann sie. Nachher passe ich besser auf. Ich bin doch nicht bekloppt, mich scheiden zu lassen und dem Luder noch Unterhalt zu zahlen. Wenn ich dich aber so von Gewaltlosigkeit reden höre, dann glaube ich, daß dir etwas entscheidendes fehlt, das dir die Befähigung -wenn nicht gar die Berechtigung- zur Gewalt geben könnte. Wir Menschen kommen ohne Gewalt einfach nicht aus, glaub mir, alles Andere ist intellektuelles Geschwätz. Wer kann, der soll.”

Sprach er und gähnte gelangweilt, indem er stolz sein riesiges Gebiß präsentierte.

(Noch trug er keine Zahnprothese.)

 

 

Die gelbe Gefahr

22.5.05

Heute las ich irgendwo, sämtliche Grippeepidemien sollen aus China stammen. Das ist ein Ding! Bisher dachte ich, daß uns die Chinesen bloß Gelbsucht und Gelbfieber beschert haben.

 

 

Zu spät

21.5.05

45 Jahre nach Kriegsende hat sich das Verbot national-sozialistischer Symbole auch bis nach Lübeck herumgesprochen. Die Lübecker Behörden haben daraufhin 1990 beschlossen, das Hackenkreuz vom Holstentor unverzüglich, d.h. nach spätestens 15 Jahren, zu entfernen. Als die Aktion vor kurzem anlaufen sollte, wurde das Ding in einer Nachtundnebelaktion gestohlen, wobei der Täter Gerüchten zufolge die Initialen HJG am Tatort hinterlassen haben soll. Die Behörden erwägen jetzt die Anfertigung und die Anbringung einer Kopie, die dann planmäßig in einer feierlichen Zeremonie entfernt werden kann.

 

Nachtrag: HJ steht mitnichten für Hitlerjugend, sondern für Hans-Joachim…

 

 

Aussichten

20.5.05

Bilder, die den besiegten Feind in herabwürdigenden Situationen zeigen, haben Tradition. Sie haben nicht nur einen hohen Erinnerungswert, sie lassen sich auch wunderbar zu Propagandazwecken einsetzen.

 

Die Zeiten, in denen einzelne Menschen oder Völker ihr barbarisches Gesicht gezeigt haben und an die Pranger gestellt wurden, sind endgültig vorbei. Heute erkennen wir nach und nach die häßliche Fratze der gesamten Menschheit. Das Zeitalter der globalen Barbarei ist ausgebrochen.

 

 

Tiefschürfende Feststellung

19.5.05

Neulich soll der weise Präsident G.W. Bush gesagt haben:

 

“Eine der Lektionen, die wir aus unserer Erfahrung im Irak gezogen haben, ist, dass Militärpersonal zwar zügig überall in der Welt eingesetzt werden kann, dies aber nicht auf Zivilisten zutrifft, die für die US-Regierung arbeiten”

 

Ich lese im ersten Anlauf:

 

“Eine der Lektionen, die wir aus unserer Erfahrung im Irak gezogen haben, ist, dass Militärpersonal zwar zügig überall in der Welt eingesetzt werden kann, dies aber nicht auf Zivilisten trifft, die für die US-Regierung arbeiten”

 

Wie man’s auch betrachtet, es stimmt. Zivilisten sind einfach unzuverlässig.

 

 

Apokalypse

18.5.05

Es gibt viele Möglichkeiten, sich das Ende der Welt vorzustellen (wobei ich heute keineswegs über Begleiterscheinungen wie das Apfelbäumchen reden möchte): Irgendetwas, eine riesige Welle, der nukleare Winter, ein Asteroid oder gar das Ozonloch, stürzt über uns herein.

Dabei ist die Katastrophe längst da und die Apokalypse findet nicht statt.

Wetten, daß wir auch den Weltuntergang irgendwie vermasseln werden?

 

 

Achtung, Virus!

17.5.05

Ich fand heute morgen in meinem Postfach die nachfolgende Mail. Wer auch immer sie mir geschickt hat, Mensch oder Maschine, der hat dabei gleich eine ganze Latte von Tatsachen verkannt.

  1. Meine Telefonrechnung habe ich schon vor einigen Tagen (wie immer) per Briefpost erhalten
  2. Die Deutsche Telekom kann gar keinen Paul Melian kennen, weil er schlicht und einfach kein Telefon hat. Der Bursche ist ja so was von technikfeindlich!
  3. Der Virus, der mitgesendet werden sollte (dabei handelt es sich tatsächlich um eine von Hackern gefälschte Mail, die einen Trojaner enthalten sollte), befand sich nach Angaben der Telekom im Anhang, der aber vergessen wurde
  4. Anhänge von Mails, dessen Absender ich nicht zweifelsfrei identifizieren kann, mache ich ohnehin grundsätzlich nicht auf.

 

Und während ich das alles fleißig schrieb, kam noch eine Mail, diesmal mit Anhang. 256,59 €? Das wird ja immer billiger! Ich habe auch diese Mail samt Anhang gelöscht.

 

 

Thema: Rechnung 2005 

Datum: 17.05.2005 00:05:09 Westeuropäische Sommerzeit

Von: info@telekom.de

An: webmaster@paulmelian.de

Internet-eMail: (Details)

 

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,

 

die Gesamtsumme für Ihre Rechnung im Monat Mai 2005 beträgt: 296,02 Euro.

Mit dieser E-Mail erhalten Sie Ihre aktuelle Telekom-Rechnung und -soweit von Ihnen beauftragt- die Einzelverbindungsübersicht.

Nutzen Sie auch unter www.t-com.de/rechnung-online die vielfältigen Möglichkeiten von Rechnung Online, wie z.B. Sortierungs- und Auswertungsfunktionen. Hier finden Sie auf der Seite ganz oben links unter “Hilfe/FAQ” auch nützliche Tipps zur Nutzung von Rechnung Online.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Deutsche Telekom

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Thema: Rechnung 

Datum: 17.05.2005 20:26:26 Westeuropäische Sommerzeit

Von: info@telekom.de

An: webmaster@paulmelian.de

Datei: Rechnung.zip (3959 Byte) DL Zeit (TCP/IP): < 1 Minute

Internet-eMail: (Details)

 

Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,

 

die Gesamtsumme für Ihre Rechnung im Monat Mai 2005 beträgt: 256,59 Euro.

Aus Sicherheitsgründen haben wir ihre Rechnung mit einem Passwort versehen.

Ihr persönliches Passwort lautet:        Augen

Mit dieser E-Mail erhalten Sie Ihre aktuelle Telekom-Rechnung und -soweit von Ihnen beauftragt- die

Einzelverbindungsübersicht.

Nutzen Sie auch unter www.t-com.de/rechnung-online die vielfältigen Möglichkeiten von Rechnung Online, wie z.B. Sortierungs- und Auswertungsfunktionen. Hier finden Sie auf der Seite ganz oben links unter “Hilfe/FAQ” auch nützliche Tipps zur Nutzung von Rechnung Online.

 

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Deutsche Telekom

 

 

Das letzte Gerücht

17.5.05

Das Weiße Haus ließ angeblich verlauten, daß an dem Newsweek Bericht über die Koranschändung absolut nichts wahres sei. Die Behauptung, daß der Koran in Toiletten gelegt wurde, um muslimische Gefangene zum Reden zu bringen, sei völlig aus der Luft gegriffen, da diese fanatischen Hunde überhaupt nicht sprechen wollen. Die Aktion habe eindeutig keinen übergeordneten Zweck gehabt, sie soll lediglich der Demütigung der Inhaftierten und der Belustigung der Wächter gedient haben.

Daraufhin zog Newsweek seinen Artikel zurück. Eine formale Entschuldigung soll folgen.

 

 

Skatophilie?

16.5.05

Es gibt derzeit im Internet einen “running gag”, dessen schnelle Verbreitung jeden Computervirus vor Neid erblassen läßt: Die Sache mit der Kloschüssel, ich habe sie nämlich in mindestens drei Foren und fünf Blogs gefunden. Sie wissen nicht, wovon ich spreche? Dann geben Sie bitte in Google folgendes ein: Flachspüler 3 Kg. Und wenn Sie die Anzahl der Treffer beschränken wollen, geben Sie auch noch etwas Scheisse ein.

Leuchtet ein? Wenn immer noch nicht, dann folgen Sie diesem Link.

Ich habe mich gefragt, worauf der Erfolg dieser (vom ursprünglichen Threadverfasser eindeutig gestellten) Story basiert. Warum finden Leute ausgerechnet Scheiße komisch? Es ist bekannt, daß jedes Kind in seiner Entwicklung eine Phase mit gesteigertem Interesse für Exkremente durchläuft. Normalerweise wächst man da aber raus. Mancheiner schafft das offensichtlich nicht. (Hier munkeln die Psychiater, daß derjenige auch sonst ein paar ganz ausgefallene Neigungen haben soll.) Mancheiner ist sogar stolz darauf, daß er die Klosprache beherrscht, wie eine Galina V. Ulgarina.

 

 

Weisheiten im Lichte der Relativitätstheorie (2)

15.5.05

“Je mehr eine Kultur begreift, dass ihr aktuelles Weltbild eine Fiktion ist, desto höher ist ihr wissenschaftliches Niveau.” – Albert Einstein

Es werden wohl Hunderte von Jahren vergehen, bis wir das wissenschaftliche Niveau des Steinzeitmenschen wiedererlangen.

Wissen allein kann natürlich nicht vor der Ignoranz schützen, wenn diese überproportional mitwächst.

 

Nachtrag

Die unendlich dumme Bezeichnung “Ingenieur des Universums” kam heute wie gerufen, um meine Wut noch einen Tick zu steigern.

 

 

Inflation

13.5.05

Wenn die Vermutung eines Verdachtes ausreicht, um ein Passagierflugzeug umzuleiten, ist es dann im Falle eines begründeten Verdachtes erlaubt, es abzuschießen? Die Russen jedenfalls haben gezeigt, wie es geht.

 

 

Der Verkehr soll in Japan Dank “Single-Sex” sicherer werden. Japanische Verkehrsbetriebe führen Geschlechtertrennung ein

12.5.05

Jetzt ist es erwiesen: Japanische Männer sind Sittenströlche. Kinder und Behinderte hingegen sind weiblich.

 

 

Schillerndes

11.5.05

Über die ARD Homepage und “Best of Schiller” kam ich auf die Zitatsammlung wikiquote, ein Ableger von Wikipedia.

Was für ein ein Angebot! Von Dieter Bohlen und Mario Basler über Dieter Thomas Heck und Arnold Schwarzenegger bis Brigitte Zypries! Und die Suchfunktionen, einfach fantastisch. Will man einen Zungenbrecher mit Katze, so findet man sofort: “Die Katze tritt die Treppe krumm.”

Und dann vor allem die äußerst fantasievollen Berufsbezeichnungen wie:

 

Abenteurer, Adeliger, Anarchist, Brahmane, Bürgerrechtler, Diktator, Entdecker, Feministin, First Lady, Frauenrechtlerin, Freiheitskämpfer, Fürst, Gangsterboss, Gelehrter, Guerillaführer, Hacker, Herrscher, Herzog, Humanist, Kaiser, Kirchenkritiker, König, Kunstmäzen, Luftfahrtpionier, Markgraf, Mätresse, Mäzen, Menschenrechtler, Mystiker, Okkultist, Papst, Philanthrop, Prinz / Prinzessin, Redner, Reformator, Revolutionär, Rhetoriker, Salonière, Sozialist, Studentenführer, Terrorist, Volksführer, Widerstandskämpfer, Zar.

 

Sind Sie etwa neugierig, wer sich unter der “Berufsbezeichnung” Abenteurer verbirgt? Giacomo Casanova, wer denn sonst. Hatte er nicht jede Menge Abenteuer? Hatte er doch.

 

 

Apropos Schicksal

10.5.05

Heute habe ich überlegt, was aus mir hätte alles werden können.

Ich kam zu dem Schluß, daß ich in erster Linie ein großer verhinderter Wissenschaftler bin. Dies aber nur unter anderem. Ich bin auch ein großer verhinderter Ingenieur, Erfinder, Arzt, Schriftsteller, Pädagoge, Philosoph und Sportler. Wäre nicht einfacher zu sagen, was ich nicht bin? Also: Ich bin kein verhinderter Künstler, dazu fehlt mir gänzlich das Talent.

 

Jawohl. Ich bin ganz groß in meinem Verhindertsein, wenn nicht gar genial.

 

 

Ob der Vatikan die Todesstrafe wiedereinführen will?

9.5.05

Münteferings Heuschreckenausrutscher ist gar nichts in Vergleich zu dem, was der argentinische Militärbischof(!) dem Gesundheitsminister des gleichen Landes empfiehlt:

 

[]

Zwischen Argentinien und dem Vatikan bahnt sich ein Eklat um den vom Papst entsandten Militärbischof Baseotto an. Nachdem dieser Gesundheitsminister Gonzales aufgefordert hatte, sich wegen seiner liberalen Haltung zu Abtreibung und Verhütung im Meer zu ertränken, will die Regierung Baseottos Entlassung.

[]

 

Nachtrag

Meine heidnische (=evangelische) Angetraute meinte dazu, der Gesundheitsminister sei ziemlich einfältig für einen Politiker. Er brauche nur regelmäßig zu beichten und zu bereuen, dann dürfte er nach katholischem Brauch zwischen den Beichten machen, was er wollte. Da ist was dran.

 

 

Sonntag

9.5.05

Der Unbekannte blieb am Zaun direkt unter der Eßkastanie stehen. Sein Blick streifte die Sträucher, die irgendwann -so Gott will- zu einer hohen und wilden Hecke zusammenwachsen werden: Liguster, Haselnuß, Cornellkirsche, Jasmin, Flieder, Hibiskus. Dann schlenderte er weiter, hielt kurz vor jedem einzelnen Gehölz inne und betrachtete es eingehend. Die Cornellkirsche, deren Blätter noch ganz klein waren, berührte er sogar flüchtig. Dann hob er den Blick, um die zwei mächtigen Bäume anzusehen, eine Riesentanne und einen Ahorn, die die Einfahrt zum Hof zu einer Geschicklichkeitsübung machten. Am Hoftor las er aufmerksam die Klingelbeschriftung, betrachtete die Hundehütte (mit der eigenen Hausnummer 4a) und verschwand dann aus meinem Blickfeld.

Mit Hilfe der Heckenschere fing ich an, dem Buchsbaum die Gestalt eines Buches zu geben. Einen Titel hatte ich für das Buch noch nicht, aber schon eine Widmung: “Dem unbekannten Leser”.

 

 

Wissenswertes vom Tage

6.5.05

Die FDP hat es endlich geschafft, die Intelligenzbestie Cornelia Piepser zu entsorgen. Der neue Generalsekretär Niebel erklärte mit dem kreativen Slogan “Schluß mit lustig!” dem Spaß den Kampf an. Verspäteter Aprilscherz, Niebelgranate oder Ernst? Wir werden sehen. Als erste Reaktion randalierten 1000 (in Worten Eintausend) mutmaßlich enttäuschte Jungliberale* in Dresden gegen die Polizei und das Finanzministerium. Sachen gibt’s… Ich hätte nicht gedacht, daß die Julis so viele Anhänger mobilisieren können. Und das bereits im Mai! Wahrscheinlich sind sie vom ganzen Bundesgebiet und sogar aus dem Ausland zugereist.

 

* Die Vermutung, daß es sich dabei um Julis handelt, stammt von mir. Die Polizei gab lediglich an, die Burschen hätten keinen politischen Hintergrund für die Randale gehabt, hätten sich nicht nur mit der Polizei, sondern auch untereinander geprügelt, und wären stark alkoholisiert. Na also! Was können sie sonst gewesen sein, frage ich Sie?

 

 

Weisheiten im Lichte der Relativitätstheorie* (1)

5.5.05                          

“Die Geschmäcker sind unterschiedlich” sagt der Volksmund. Jawohl, sehr sogar. Obwohl es eigentlich nur zwei gibt: Den guten und den schlechten Geschmack.

 

*Für den Laien: Die Anwendung der Relativitätstheorie wird durch das Wort “eigentlich” signalisiert. In allen Fällen, wo man sich nicht so recht entscheiden kann, wird die Quantenmechanik herangezogen. Hier ist als Erkennungsmerkmal die Verwendung eines beliebigen Wortes wahrscheinlich, jedoch im Einzelfall nicht sicher.

 

 

Hätte ich nicht gedacht…

4.5.05

… daß jemand eine noch schlechtere Meinung über das Internet haben kann als ich.

 

 

Man kann sich nur die Augen reiben

3.5.05

Der deutsche Historiker jüdischer Abstammung Michael Wolffsohn reagiert auf Münteferings “Kapitalismuskritik” ähnlich tendenziös, wie damals Marcel Reich-Ranicki bei der Erscheinung des Buchs “Tod eines Kritikers”: Mit der Antisemitismuskeule. (Wobei hier die Bezeichnung “tendenziös” einen Euphemismus darstellt. Die Töne, die er in seinen Äußerungen anschlägt, erinnern an Göbbels in seinen besten Jahren.) Ich habe damals schon gesagt und muß mich heute leider wiederholen: Solche Reaktionen sind erst recht als antisemitisch zu bezeichnen, weil sie jüdischen Interessen enormen Schaden zufügen. In diesem Fall rebellieren die paar Prozent jüdisches Blut in mir genauso wie mein Gerechtigkeitsgefühl.

Betrachten wir noch einmal, was der gute Münte gesagt hat:

 

“Manche Finanzinvestoren verschwenden keinen Gedanken an die Menschen, deren Arbeitsplätze sie vernichten. Sie bleiben anonym, haben kein Gesicht, fallen wie Heuschreckenschwärme über Unternehmen her, grasen sie ab und ziehen weiter.”

 

Kein einziges Wort davon ist unwahr. Das ist genau das, was die Repräsentanten vieler internationalen Investmentfods machen, und zwar schlicht und einfach deswegen, weil das in der heutigen Zeit (noch) möglich ist. Und legal obendrein.

Kein einziges Wort über Juden.

Kein einziges Wort darüber, daß einzelne Menschen mit Heuschrecken verglichen werden. Mit “Finanzinvestoren” verbinde ich eher Firmen, als einzelne Menschen. Hier geht es auch eindeutig um die Art, wie das Beschriebene passiert. Der Vergleich ist durchaus zuläßig, auch wenn er politisch etwas ungeschickt wirkt. (Woher wissen wir aber, was Münte damit bezweckt hat? War das Ganze vielleicht doch politisches Kalkül und keine Unachtsamkeit?)

Jetzt aber die Erwiderung Wolffsohns. Die muß man sich über die Zunge zergehen lassen. Oder über die Leber.

[]

Man könne sich nur die Augen reiben, schreibt Wolffsohn weiter: “In der größten Regierungspartei des heutigen Deutschland kursiere eine schwarze Liste von vermeintlich hyperkapitalistischen Unternehmen. Mindestens zwei sind “jüdisch” bzw. tragen jüdische Namen.”

                                                           

“heute wieder Menschen mit Tieren gleichgesetzt, die – das schwingt unausgesprochen mit – als ‘Plage’ vernichtet, ‘ausgerottet’ werden müssen”, heißt es in dem Artikel Wolffsohns weiter. “Diese ‘Plage’ nennt man heute ‘Heuschrecken’, damals ‘Ratten’ oder Judenschweine’.”

 

Es handele sich hierbei um “Worte aus dem Wörterbuch des Unmenschen”, betont der Historiker, weil “Menschen das Menschsein abgesprochen wird”.

[]

Starkes Stück.

Nicht einmal die Rhetorik taugt was. Welcher Mensch spricht Menschen das Menschsein ab? Der Unmensch Müntefering? Aha.

Ich habe mir die Augen gründlich gerieben.

Ich war zeitweilig so verdutzt, daß ich mich ernsthaft gefragt habe, ob Heuschrecken wirklich Tiere sind.

 

 

Eindrucksvolle Bestätigung

2.5.05

Ausgelagert

 

 

Walpurgisnacht

1.5.05

Gestern abend haben wir große Vorbereitungen für die Belagerung getroffen. Eigentlich alles wie immer, jedoch das erste Mal im neuen Haus: Briefkasten leeren, beide Autos auf den Hof fahren, Klingel aus- und Außenbeleuchtung einschalten, Tor abschließen, Eingangstür für den Hund öffnen, Wasserschlauch anschließen.

Schlecht geschlafen. Der Hund hat die ganze Nacht gebellt, mit Ausnahme der Zeit zwischen drei und vier, wo er sich ins Haus geschlichen und vor meiner Zimmertür gepennt hat. Pünktlich um vier sind dann ein paar Eier gegen die Fassade geplumpst, so daß der Hund wieder angefangen hat zu bellen. Eigentlich auch wie immer, nur daß wir jetzt den Wasserschlauch schon in Position hatten.

 

Sie müssen wirklich barbarisch gewesen sein, diese Walpurgen.

 

 

Schneeball

29.4.05

Es gibt viele Systeme, die nach dem Schneeballprinzip funktionieren. Und alle haben eines gemeinsam: Irgendwann, nachdem die Lawine gewütet hat, kommt sie im Tal zum Erliegen. Kurz vor dem Stillstand hat das Ganze nicht nur die größten Ausmaße, sondern auch eine schwindelerregende Beschleunigung erfahren.

 

Parallelen zur Geschichte der Menschheit drängen sich auf: Bevölkerungsexplosion, Umweltverschmutzung, Raubbau an Ressourcen, wildgewordene Globalisierung, Veränderung der Veränderung.

“Reine Metaphorik” sagen Sie, Blauauge, dabei ist Ihnen bereits ganz schön schwindelig geworden.

 

 

Logisch

28.4.05

Die USA haben  -unter der weisen Führung des Präsidenten G.W.Bush-  endlich den mutigen Entschluß zum Energiesparen gefaßt. Allerdings wollen die Amerikaner keineswegs bei sich selbst, sondern bei den Chinesen und Inder anfangen:

 

 [ ] Beim bevorstehenden G-8-Gipfel im Juli will Bush sich dafür einsetzen, dass Länder mit großem Wirtschaftswachstum wie China und Indien ihren Energieverbrauch drosseln. [ ]

 

Das ist jedoch nachvollziehbar, denn der Energieverbrauch pro Einwohner ist in den USA gut zehnmal höher als in China und etwa dreißigmal höher als in Indien. Wo kämen wir denn hin, wenn diese Länder auf die Idee kämen, aufzuholen?

 

 

Zorn

27.4.05

“Das lehne ich ab. Das ist pseudowissenschaftliches, preziöses, dummes Geschwätz.”

“Ich verstehe es nicht einmal. Ich kann es also auch nicht ablehnen.”

“Verstehen im eigentlichen Sinne tue ich es auch nicht. Das ist alles Fachjargon. Und wenn sich jemand hinter so was zu verstecken braucht, dann muß er Unrecht haben.”

“Wäre es aber nicht besser, sich richtig damit auseinanderzusetzen?”

“Nein. Vergiß es. Es würde Jahre dauern, bis ich dazukäme, dieses schwachsinnige Blahblah zu entziffern. Und es bestünde die Gefahr, daß ich irgendwann selbst anfange, an so was grundfalsches zu glauben, nur weil es wissenschaftlich klingt.”

 

Das war ein Dialog zwischen meiner Vernunft* und meiner Ratio*, wobei ich langsam daran denke, ein Theaterstück darüber zu schreiben. Drama oder Tragödie? Da bin ich mir noch nicht ganz sicher.

 

* Die richtige Rollenzuordnung sowie die Beurteilung meines psychischen Gesundheitszustandes überlasse ich dem Leser.

 

 

Bar jeder Vorstellung!

26.4.05

Nichts ist unmöglich… Honda.

 

 

Makabrakadavra

26.4.05

Der Plastinator Günter von Dings wurde in Deutschland zur Zahlung einer Geldstrafe von gut Hunderttausend € verdonnert. Die offizielle Version lautet, er hätte hier zu Unrecht einen chinesischen Professortitel getragen. (Gerüchteweise soll ihm dieser Titel für die Entsorgung zahlreicher Leichen von hingerichteten chinesischen Verbrechern, die z. B wegen schweren Gemüseraubs zum Tode verurteilt wurden -wir berichteten an dieser Stelle-, verliehen worden sein. In einer ad-hoc einberufenen Pressekonferenz gab der Plastinator neulich an, er hätte nie Leichen von hingerichteten Chinesen “bearbeitet”. Vielmehr stammten alle Leichen, die er aus China erhalten hat, von Freiwilligen. In den seltensten Fällen, wo diese Freiwilligen vor der Obduktion doch hingerichtet wurden, geschah dies mit deren vollen Zustimmung.)

Nach uns vorliegenden Informationen ist das wahre Motiv für die Geldstrafe jedoch Leichenschmuggel, da die chinesischen Leichen ohne gültiges Visum nach Deutschland eingereist sind. Das Auswärtige Amt kann und will sich verständlicherweise keine weitere Visa-Affäre, die offensichtlich Tür und Tor der Prostitution und Schwarzarbeit öffnet, leisten.

Eine Stellungnahme des Künstlers zu diesem neuerlichen Gerücht steht noch aus.

 

 

Ob die Physik auch Gott erklären kann?

19.4.05

Unser räumliches und zeitliches Gefühl erlaubt uns weder die Vorstellung eines endlichen noch eines unendlichen Universums, ohne daß wir auf schwindelerregende Gedankenakrobatik zurückgreifen.

Mit der dritten Alternative konfrontiert, die weder, noch oder sowohl, als auch lautet, sind wir in dieser Beziehung auch nicht besser dran. Eher im Gegenteil.

Eine weitere Parallele zur Frage nach der Existenz Gottes.

 

Nachtrag: Mag sein, daß Gott physikalisch erklärbar ist. Aber nicht Ratzinger.

 

 

Standpunkt

18.4.05

Ich hatte mal einen Mitarbeiter  -wir wollen ihn hier Dr. Dipl. Ing. Frodo Dünkel nennen-, den ich für das arroganteste Wesen auf diesem Planeten hielt. Ich bekam Beschwerden nicht nur von seinen Kollegen, sondern praktisch von allen Seiten im Unternehmen, einschließlich dem Werkschutz. Irgendwann knöpfte ich mir den Burschen vor und konfrontierte ihn mit den Vorwürfen.

Er antwortete ganz ruhig, er wisse um seine Außenwirkung. Nur ändern ließe sich daran nicht viel, denn schließlich könne er nichts dafür, daß er die meisten Sachen viel besser kann als die meisten Menschen.

Er meinte das ganz ehrlich.

Daraufhin verfiel ich in eine “ruhige Verzweiflung”. (Ich weiß, daß das geschwollen klingt, es ist schließlich auch nicht von mir… ich wollte es nur mal selbst ausprobieren.)

 

 

Der kleine Demiurg

17.4.05

Nach unzähligen Experimenten und Berechnungen fand er schließlich eine Formel, die die Vorgänge in der Realität  -so schien es zumindest-  ziemlich genau beschreiben konnte.

“Meine Formel muß ein Naturgesetz sein”, dachte er sich, “sonst würde die Natur ihr nicht gehorchen”.

 

 

Der Komiker 
13.4.05

Der Arzt stürmte rein, gab mir die Hand, sagte “Ich bin gleich bei Ihnen” und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er war eine überaus interessante Erscheinung. Die wenigen Haare, die ihm seine kapitale Glatze übrig ließ, sein sauber gestutzter Vollbart sowie seine glänzenden Augen waren pechschwarz, sein Teint hingegen sehr hell. Ich schätzte ihn auf Anfang Vierzig. Er setzte eine goldene Lesebrille auf, klemmte ein paar Röntgenbilder an die Leuchtscheibe, betrachtete sie eingehend, und fing dann an, in sein Diktiergerät zu sprechen. Während dieser ganzen Zeit musterte er mich über den Brillenrand sehr genau.

Er sagte dabei erst meine persönlichen Daten auf, dann kam ein Schwall von mir unbekannten Fachbegriffen, die jedoch alle von einem beruhigenden “ohne Befund” begleitet wurden. Zum Schluß wurde ich doch wach: “Verdacht auf dentogene Zyste links oben”.

Er schaltete das Diktiergerät aus und gab mir nochmals die Hand.

“Sie kommen von Dr. Nickel? HNO? Was haben Sie für Beschwerden?”

“Chronische Rhinitis” sagte ich. “Aber ich muß wohl eher zu einem Zahnarzt gehen, merke ich.”

“Wie kommen Sie jetzt darauf?”

“Sie haben doch vorhin von einer dentogenen Zyste gesprochen, oder nicht?”

“Sie haben doch nicht etwa zugehört? Das war aber nicht für Sie bestimmt!”

Ich verkniff mir die Bemerkung, daß ich an den Ohren nichts habe und erwiderte nichts. Später sollte mir die verpaßte Gelegenheit noch leid tun.

“Das ist der Bericht für den behandelnden Arzt. Was Sie wissen müssen, das erzähle ich Ihnen gleich” sagte er trocken.

Und dann erzählte er mir, indem er jeden medizinischen oder wissenschaftlichen Begriff sorgfältig vermied, daß er -bis auf eine leichte Schwellung der Schleimhäute- nichts besonderes feststellen kann. Jetzt merkte ich erst, daß er mich gehörig auf den Arm nahm.

“Und was ist mit der Zyste?” fragte ich hartnäckig.

“Ich kann sie als Ursache für Ihre Beschwerden mit ziemlicher Sicherheit ausschließen. Wurden Sie im Hinblick auf eine Allergie untersucht?”

“Und ob. War aber bisher nichts zu finden.”

“Nuja, eine Nickelallergie haben Sie bestimmt nicht. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Glück. Nehmen Sie Ihre Bilder gleich mit, den Bericht schicke ich Dr. Nickel nach. Übrigens, sind Sie ein Kollege?”

“Wenn Ihre Frage darauf zielt, ob ich Mediziner bin, nein. Ich bin ein richtiger Doktor. Chemie” sagte ich grinsend. Ich war aber ziemlich sauer. Er war ein Komiker und führte eindeutig nach Punkten.

“Wie wahr, wie wahr. Doktor der Medizin ist in der Tat die Schmallspurversion.”

Das passierte vor sechs Jahren.

Vor einiger Zeit schlug ich mir am Wochenende beim Pflastern unseres Hofes mit einem Hammer gegen den Mittelfinger der linken Hand und suchte am nächsten Montag den Komiker wieder auf: Mein Mittelfinger war nämlich in bezug auf Form, Abmessungen und Farbe mittlerweile kaum von einer Currywurst zu unterscheiden. Ich konnte ihn weder strecken noch richtig beugen.

Der Arzt schien sich in diesen sechs Jahren überhaupt nicht verändert zu haben.

“Wie ist das passiert?” Er betrachtete meinen Finger und bewegte ihn sachte in verschiedenen Richtungen.

“Gezielter Hammerschlag” gab ich an.

“Man muß aber ein ziemlicher Exzentriker sein, um mit einem Hammer auf seinen Finger zu zielen.”

“Den Finger habe ich nur getroffen, nicht anvisiert. Gezielt habe ich auf einen Stein und da war der Finger halt im Weg. Ein Exzentriker bin ich trotzdem, obwohl mich die meisten Leute bloß für einen Sonderling halten.”

Meine Hand wurde geröntgt: Gleiche Leuchtscheibe, gleiche Brille, diesmal jedoch ohne Diktat. Offenbar hatte er jetzt mehr Zeit. Der Finger war nicht gebrochen.

“Eine reine Quetschung. Ich schicke Ihrem Hausarzt einen genauen Bericht. Der Hämatom wird Sie noch eine Weile begleiten, weil der spontane Fibrinolyseprozeß seine Zeit braucht, Verband und medikamentöse Behandlung sind aus meiner Sicht entbehrlich. Wenn Sie Bedenken haben, können Sie zu einem Chirurgen gehen, wobei Sie eine Amputation um jeden Preis verweigern sollten. Schonen Sie die Hand und lassen Sie den Arm nicht zu lange hängen. Es ist übrigens in Ihrem Fall auch nicht sehr klug, die Hand zu heben.”

Ich machte den Mund auf und wollte gerade fragen, auf welchen medizinischen Zusammenhang die letzte Empfehlung zurückzuführen ist, als ich merkte, daß er mich wieder af den Arm genommen hatte. Meine Hand sah in der Tat so aus, als könnte ich mit Stefan Effenberg verwechselt werden, wenn ich sie  -so wie sie mit dem gekrümmten, fast angewinkelten Mittelfinger verformt war-  hochgehalten hätte. Und weil ich den Mund schon offen hatte, sagte ich, währed er mich grinsend aus seinem Untersuchungszimmer hinausschob, irgendetwas wie “Sie sind mir aber ein Komiker!” oder so ähnlich.

Mein Hausarzt hatte auch viel Sinn für Humor. Er krümmte sich vor Lachen, als er den Bericht las. Er reichte mir das Schreiben über den Schreibtisch. Unmittelbar unter meinen persönlichen Daten fand sich darauf unter der Rubrik “Allgemeines” die folgende Eintragung: “Exzentriker (Sonderling), Komiker”.

Er hatte wieder gewonnen, dieser Heini, diesmal haushoch.

 

 

Unverständlich

9.4.05

“Sie sind aber nicht mehr der Jüngste” sagte jemand während einer hitzigen Diskussion zu mir. Dabei legte er ein selbstzufriedenes und fieses Lächeln an, wie es einem Arschloch bekanntlich so gut steht.

Das mit dem Alter kann man durchaus so sehen, habe ich mir gedacht, und das erst recht, wenn man fast 20 Jahre jünger ist als ich.

Ich habe jedoch auch überlegt, warum er das sagt. Diese Aussage hatte absolut nichts mit dem Gegenstand unseres Streits zu tun, so daß ich in ihr nichts anderes als den Versuch sehen konnte, mich persönlich zu treffen. (Unter uns gesagt: Für so was habe ich im Prinzip Verständnis, weil mir Rachegefühle gelegentlich auch nicht ganz fremd sind.)

Warum soll mich das aber treffen? Alter ist doch weder eine Schande, noch eine Schwäche.

Die Überzeugung, er hätte durch seine (sehr relative) Jugend mir gegenüber etwas im voraus ist einfach dumm. Ich habe ihm gegenüber einiges im voraus. Das sind 20 mehr gelebte Jahre. Das muß mir der Fiesling erst nachmachen.

 

PS Ob ich ihn damit getroffen habe, wenn er das liest?

 

 

Vergeltung

8.4.05

Derjenige, der sich glücklich schätzt, daß irgendwelche Götter ihn zu ihren Füßen spielen lassen, ist ein Tor. Er wird nicht nur ihren Fußgeruch, sondern früher oder später auch ihre Fußtritte ertragen müssen. Denn der Mensch schafft seine Götter immer nach seinem Ebenbild.

 

 

Kleiner Hund, große Enttäuschung

7.4.05

Am Gründonnerstag tauchte unser Faktotum Zorel in Begleitung eines Miniaturhundes auf. Ich schätze, daß er (der Hund) eine Mischung aus je 50% Pinscher und Dackel war. Jedenfalls war er etwas größer als eine Katze, hatte große traurige Augen, kurze schwarz-braun-beige Haare, und einen Schwanz, den er voller Stolz perfekt gekringelt trug. Dies änderte sich jedoch abrupt, als sich Bonny auf ihn stürzte: Der kleine Hund setzte sich schnell hin, von seinem Schwanz war nun nichts mehr zu sehen. Dabei drehte er den Kopf weg, zeigte seinen Hals und entblößte leicht die Zähne. Bonny beschnüffelte ihn und schwänzelte. Der kleine Hund faßte Mut und lief weiter, setzte sich jedoch schnell wieder hin, als Bonny ihn wieder stellte. Diese Prozedur wiederholte sich ein paarmal, bis er ganz in unserer Nähe war. Mit einem Satz sprang er dann auf die Bank, auf der Vera und ich saßen, setzte sich wieder hin und drückte seinen kleinen Körper gegen meinen Oberschenkel. Wir waren beide hin und weg, Vera und ich. Ein Charmeur, der Kleine.

Zorel nannte ihn “Cercel”, was hier ungefähr “Tschertschel” ausgesprochen wird und so viel wie Ohrring bedeutet. Ich fand den Namen nicht nur fantasievoll, sondern aus irgendeinem obskuren Grund auch sehr passend.

Cercel kam dann jeden Tag zu uns. Er fing nach und nach an, mit Bonny zu spielen und alle möglichen Stellen zu markieren, die ihm geeignet erschienen, einschließlich meiner Gummistiefel. (Weil er jedoch so klein war, blieb dies ohne unangenehmen Folgen.) Bei jedem Markieren scharrte er so energisch mit den Pfoten, daß die Fetzen flogen. Bonny schaute ihm interessiert, jedoch nicht ganz ohne Skepsis zu.

Ihre Spiele wurde immer ausgelassener, die Finten immer schneller und die Kreise, die sie drehten, immer größer. In einer Beziehung war aber die Verständigung zwischen ihnen nicht möglich. Bonny bot ihm das Spiel mit allen ihren Spielzeugen an, die über den ganzen Hof verstreut lagen: dem Plastikhasen, der Frisbbeescheibe, den drei Holzstücken und sogar dem Gummiball mit der Schleife. Der Kleine blickte sie dabei nur verständnislos an.

Dann merkten wir auf einmal, daß er auf den Namen Cercel gar nicht richtig reagiert und stellten Zorel zur Rede. Er sagte, daß er den wirklichen Namen des Hundes nicht kenne. Den Namen Cercel hätte er dem Hund bloß aus einer Laune heraus gegeben, weil sein Herrchen im Dorf den Spottnamen Churchill, was hier ungefähr “Tschurtschil” ausgesprochen wird, trägt.

Ein Anflug der Enttäuschung kam auf. Wir baten ihn, den wirklichen Namen des Hundes herauszufinden.

Am vorletzten Tag unseres Urlaubs kam er dann mit der Nachricht, daß der Kleine Fritzi heißt, was hier ungefähr Fritzi ausgesprochen wird und so viel wie Fritzi bedeutet.

Jetzt war die Enttäuschung perfekt. Was um alles in der Welt, kann jemanden in einem Dorf, wo die Hunde Namen wie Corbu (Rabe), Ursu (Bär), Bujor (Pfingstrose) oder auch Irina (Irina) tragen, dazu bringen, ihren Hund auf einmal Fritzi zu nennen?

Solchen Leuten gehört der Hund allein wegen ihrer Fantasielosigkeit weggenommen, sagten wir uns und fingen an, Entführungspläne zu schmieden, die wir jedoch aus Zeitgründen nicht in die Tat umsetzen konnten. Vielleicht aber im Sommer, wenn wir wieder da sind. Wäre genau die richtige Aufgabe für die Kinder. Außerdem wäre es auch nicht das erste Mal, daß ich einen Köter über etliche Grenzen schmuggele.

 

 

OBSN

6.4.05

“Austria soll nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft haben!” sagte sich Jörg Haider und spaltete kurzerhand die FPÖ, indem er BZÖ gründete. Daraufhin wurde er vom Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (welch ein Name!) eine “konstruktive Persönlichkeit” genannt.

Die übriggebliebenen FPÖ-ler zeigen sich ihrerseits nicht nur konstruktiv, sondern auch weltoffen: “Wien darf nicht Istanbul werden. Deshalb FPÖ!”

 

 

Ultimative Erkenntnis

3.4.05

“Man macht so viel Aufhebens um den Tod dieses Carol Wojtyla nur weil er der Papst war.”

Großartiger Ausdruck der eigenen Bedeutungslosigkeit. Habe ich irgendwo im Internet gelesen.

 

 

Demokratie ist…

18.3.05

…wenn alle politischen Parteien das gleiche Recht haben, sich öffentlich zu blamieren.

Nun gut, es stimmt schon, die Gelben und die Ganzschwarzen machen in Deutschland von diesem Recht viel häufiger Gebrauch als die Anderen, aber im großen und ganzen haben wir hier wirklich demokratische Verhältnisse.

Die SPD hat gerade kräftig nachgelegt, und dies war aus dem besagten Grund auch dringend nötig. Es soll das erste Mal sein, daß ein Kandidat für den Posten eines Ministerpräsidenten viermal hintereinander bei der Abstimmung durchfällt… ich meine, es ist aber auch das erste Mal, daß es jemand probiert hat. Wer kommt schon auf so eine Idee?

 

 

Easy

(Keine Satire)

17.3.05

Bei uns in der Firma bestand das alte Einkaufssystem im wesentlichen darin, daß man ein Formular, genannt “Bedarfsmeldung” (der Name “Bestellung” hätte es auch getan, wenn Sie mich fragen), ausfüllen mußte, sich die Chose vom Vorgesetzten gegenzeichnen ließ, und dann an den Einkauf per Fax oder Hauspost schickte. Mit etwas Glück bekam man die bestellte Ware dann auch.

Das war als Prozeß im Kommunikationszeitalter natürlich viel zu hausbacken, zu simpel. Vor etwa einem Jahr wurde also mit viel Tamtam ein “intranetbasiertes” Einkaufssystem, genannt “Easy”, angekündigt. (Easy ist natürlich ein Akronym und hat, wie in vergleichbaren Fällen wiederholt nachgewiesen wurde, nichts, aber rein gar nichts mit der Sache zu tun, um die es dabei geht. Nicht einmal annäherungsweise.) Als Begründung für die Neuerung wurde gleich eine ganze Latte von Vorteilen genannt. Effizienz, Transparenz, Pertinenz, was weiß ich alles, wobei aus meiner Sicht ein anderes Wort mit -enz viel besser gepaßt hätte. Ein konkretes Beispiel gab’s auch. Auf dem alten Formular waren beim Bestellvorgang drei Personen aus dem betroffenen Bereich involviert: Bearbeiter, Besteller und Genehmiger. (Dieser Umstand wurde -unter uns gesagt- von unserem Inventarbüro regelmäßig dazu genutzt, um die Anlagen falsch zu buchen.) Als große Vereinfachung wurde jetzt verkündet, daß Bearbeiter und Besteller zusammengelegt werden. Außerdem wurde angekündigt, daß wir bei den Firmen, mit denen Rahmenverträge bestanden, wie z.B. Laborbedarf, Büromaterialien, IT-Services u.s.w., direkt bestellen konnten.

Nach der großangelegten Werbekampagne passierte dann monatelang nichts.

Dann kam eine Mail mit Hiroshima-Verteiler. Es wurde uns mitgeteilt, daß ab dem 1.4.04 (das war von da an in ca. drei Wochen) alle Bestellungen nur noch im neuen System erfolgen können. Alle Führungskräfte wurden aufgefordert, ihre Mitarbeiter, je nach Bedarf, zur Schulung als Besteller oder Genehmiger anzumelden. Keine Schulung, keine Bestellung.

Mein damaliger Chef schickte daraufhin eine Mail an seine direkt Berichtenden, die mehr Fragen aufwarf, als sie beantwortete: Wie ist die Bestellpraxis in den einzelnen Abteilungen? Wie viele Besteller/Genehmiger brauchen wir? Was kosten die Schulungen? Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Tatsache, daß wir direkt beim Lieferanten bestellen können/müssen?

Diese Mail ignorierte ich. Es gibt im Berufsleben viele Sachen (um ehrlich zu sein sind das die meisten) die sich von selbst erledigen, wenn man sie nur lange genug liegen läßt.

Meine Gruppenleiter kamen ganz aufgeregt in mein Büro.

“Es sind nur noch drei Wochen Zeit! Wen sollen wir anmelden? Wollen wir eine Zentralstelle einrichten? Wie machen wir das?”

“Laßt alle Eure Mitarbeiter als Besteller schulen und Euch selbst sowohl als auch” sagte ich. “Macht die Anmeldung über das Sekretariat zum nächstmöglichen Termin klar, wobei ich allerdings nicht glaube, daß der Einführungstermin ernst zu nehmen ist.”

“Sollen wir Dich gleich mit anmelden?” fragte Harald. Er ist halt etwas einfältig, der Gute.

“Du glaubst doch nicht, daß ich meine letzten Jahre hier mit so was versaue? Wenn das System wirklich einfacher ist, als das alte, dann braucht man keine Schulung.”

“Ohne Schulung kannst Du aber weder bestellen noch genehmigen!”

“Warte ab. Und wennschon: Wozu habe ich Euch?”

Die Einführung fand dann pünktlich, jedoch erst zum 1.7.04, statt. Auf einmal kriegte ich einen Haufen Mails mit je einem Link zum Bestellvorgang, den ich genehmigen sollte.

Ich rief im Einkauf an und sprach mit einer Dame. Meine Spezialität, Hoffnung keimte auf.

“Ich werde vom Easy-System aufgefordert, Bestellungen zu genehmigen, bin aber als Genehmiger nicht geschult worden” gab ich an.

“Das macht doch nichts. Die Bedienung ist sehr einfach.”

“Das finde ich nicht. Unter dem Stichwort ‘Genehmigung’ gibt’s 41 verschiedene Fälle.”

“Das ist aber nur die Erklärung, die kompliziert ist, wissen Sie? Die Bedienung ist einfach. Dafür brauchen Sie nur das Feld ‘Genehmigen’ anzuklicken.”

“Es geht aber auch um die Berechtigung. Ursprünglich hieß es, keine Schulung, keine Bestellung.”

“Aber natürlich sind Sie dazu berechtigt, Sie sind doch der Vorgesetzte. Machen Sie sich mal wegen der Schulung keinen Kopf.”

“Können das nicht meine Gruppenleiter machen? Sie sind als Genehmiger geschult, alle?”

“Nee, das müssen Sie schon selbst machen, Sie sind der Kostenstellenverantwortliche.”

Da war offenbar nichts zu machen, also fuhr ich fort, Bestellvorgänge en masse zu genehmigen. Das war mindestens viermal so viel Arbeit wie mit dem alten System. Ein Bestellvorgang wurde manchmal bis zu fünfmal vom Einkauf geändert, und in den meisten Fällen erforderte dies eine neue Genehmigung. Anfangs versuchte ich herauszufinden, was verändert wurde, gab das aber schnell auf. Ich klickte fleißig auf “Genehmigt”.

Dann kam die erste Neuerung. Wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt, daß ab sofort die Genehmigung aller Vorgänge durch den Einkauf erfolgen wird. Gleichzeitig wurde der neue Status eines Beobachters eingeführt.

“Na gut” habe ich meinen Leuten gesagt, “dann muß der Einkauf auch mein Kostenstellenbudget verantworten. Ich rühre keinen Finger mehr dafür.” (Unter uns gesagt, das war pure Heuchelei. Um das Kostenstellenbudget kümmere ich mich bereits seit fünf Jahren nicht mehr. Wozu auch, wenn alles automatisch abläuft?)

Wahrscheinlich tue ich dem Einkauf aber unrecht. Ich vermute nämlich, daß die unsere Bestellungen gar nicht genehmigen, sondern dies von einer automatischen Funktion des Systems übernommen wird. Die bestellte Ware trifft jedoch in der Regel ein, und das ist das Einzige, was zählt.

Ich hoffe, daß das System, das mir irgendwann die Betriebsrente überweisen wird, Komplexität hin oder her, mindestens genauso zuverlässig funktioniert wie Easy, wer die Genehmigung auch immer erteilen wird. Von mir aus kann das gern auch automatisch gehen.

 

PS

Hin und wieder kriege ich immer noch eine Aufforderung, irgendetwas zu genehmigen:

IR20050041221: benötigt Ihre Genehmigung, da “PreparerMustApproveQuantityVariance”

Verwenden Sie die folgende URL, um diese Anforderung im System anzuzeigen.

Ich habe nachgefragt, was ich machen soll, weil es das Feld “Genehmigen” gar nicht mehr gibt. Das sind Systemfehler, sagte man mir, die soll man einfach ignorieren. Nostalgie kommt trotzdem auf.

 

 

Dem kriminellen Treiben ein Ende machen

15.3.05

Hacker haben Internetseiten von Neonazis geknackt, verändert, Daten kopiert und an die Staatsanwaltschaft und den Verfassungsschutz geleitet.

Daraufhin hat die Polizei natürlich sofort reagiert. Zitiere:

 

[] Die Hacker gaben die gestohlenen Daten aus dem Asgard-Versand offenbar auch an den Verfassungsschutz weiter, was in der rechtsextremistischen Szene zunächst für große Aufregung sorgte. Mehrere Neonazis wurden nach eigenen Angaben von der Polizei kontaktiert. Die Beamten wollten den Asgard-Kunden allerdings nichts Böses, sondern forderten diese auf, in der kommenden Zeit auf ungewöhnliche Vorfälle zu achten und diese bitte an die Polizei zu melden. []

 

Es besteht offenbar Hoffnung, die Hacker auf frischer Tat ertappen zu können.

 

 

Mood Management

14.3.05

Sie wissen nicht, was das ist? Passen Sie auf, ich erkläre es Ihnen.

Das intelligente Haus, Auto oder Sonstetwas macht Ihnen in den Fällen, wo Sie sich nicht für eine bestimmte Stimmung entscheiden können oder womöglich sogar die falsche Stimmung haben, das Leben leichter, gesünder und angenehmer. Mit der heutigen Technik ist das alles ein Kinderspiel. Nehmen wir an, Sie kommen nach Hause schlecht gelaunt. Das volldigitalisierte Haus denkt sich: “Guck an, der alte Sack hat schon wieder eine Stinklaune. Na, dann wollen wir mal!” Und schwupps! kriegen Sie im Flur gedämpftes Rosalicht zu sehen, aus allen Lautsprechern ertönt der Ketch-up Song, auf dem TV-Schirm sehen Sie die Fratze von Michael Mittermeier. Na? Wird Ihnen dabei nicht sofort ganz anders?

Oder: Sie steigen gut gelaunt in Ihr Auto und wollen zu Ihrer Neuen nach Köln. Das Auto spürt mit seinen Sensoren Ihre überschwengliche Freude und will Sie -in Ihrem eigenen Interesse- auf den Boden der Wirklichkeit zurückholen. Am Kölner Westkreuz schickt sein Navigationssystem Sie in Richtung Aachen und sobald Sie die letzte Gelegenheit verpasst haben, Ihren Fehler zu korrigieren, fängt es an, ununterbrochen “Bitte wenden! Bitte wenden!” zu quacken, die ganzen 30 Minuten bis zur nächsten Ausfahrt.

Pfeifen Sie nie, wenn Sie ihren Kühlschrank öffnen, auch wenn Sie Lust dazu verspüren. Das verdammte Ding wird Ihnen einen appetitlichen Schokoriegel entgegenhalten, und dabei halten Sie gerade eine Low-Carb Diät. Es ist nicht auszuschließen, daß er, um Ihnen den Spaß endgültig zu rauben, sogar Bon Jovi vorspielen wird.

 

 

Die Bombe tickt

10.3.05

Die Weltgemeinschaft ist so sehr bemüht, zu verhindern, daß Staaten wie Iran oder Nordkorea die Atombombe bauen.

Dabei sollten wir lieber verhindern, daß sich die Chinesen unseren Lebensstandard nähern. Heute kaufen sie unser Öl weg, morgen unseren Stahl und übermorgen vielleicht sogar unser Bier und unsre Fußballbundesliga.

 

 

Ja, warum eigentlich nicht?

8.3.05

“Konfussion. Was heißt denn das?” fragt der Mitarbeiter, der gerade ein Formular auszufüllen versucht, seinen neuen Chef. Besser gesagt: Mich, gestern.

“Hä?”

“Hier, sehen Sie doch!” Da stand ganz deutlich geschrieben “Konfession” drin.

“Ach, das. Das bedeutet, in welchem Glauben Sie getauft worden sind.” (Dabei überlegte ich, ob das nicht doch “nach welchem Glauben Sie getauft worden sind” heißen sollte. Mein Deutsch hat gelegentlich erstaunliche Lücken.)

“Warum sagt man dann nicht gleich Religion? Oder noch einfacher: Evangelisch oder katholisch?”

In der Tat, habe ich mir gedacht, die Frage ist berechtigt. Wie einfach das Leben doch sein könnte, ohne die vielen Konfussionen, die es auf dieser Welt so gibt.

 

“Das Wort ‘Konfession’ nehme ich nicht mehr in den Mund” verriet mir mal eine gute Bekannte, die in einem Krankenhaus am Empfang tätig ist. “Die Leute fragen fast immer zurück, ob ich damit die Kleidergröße meine. Sie denken wohl, daß ich gleich Maß für eine Sargbestellung nehmen will.”