Die Herde kündigte sich am Ende der Dorfstrasse mit lautem Gebimmel an. Bevor ich überhaupt etwas machen konnte, war Bonny weg. Sie bremste kurz vor dem Stacheldrahtzaun ab, machte sich flach wie eine Flunder und kroch unter den Draht durch auf die Strasse. Ich rief sie zurück, der Hirt lachte, alles andere ignorierte sie: die Ziegen, die Schafe, der Esel, der Hirtenhund. Der Letztgenannte trug stolz seinen buschigen Schwanz lässig gekringelt und hob mit abwesendem Blick das Bein, um den linken Torpfosten zu markieren.
Diese offensichtliche Missachtung war zu viel für Bonny. Sie stürzte sich mitten in die Herde, wusste offenbar jedoch nicht genau, was sie machen sollte. Der Ziegenbock befreite sie aus ihrer Unentschlossenheit. Er senkte den Kopf und blickte sie einige Sekunden starr an. Dann startete er mit Schwung einen Frontalangriff.
Dank ihrer ausgezeichneten Reflexe konnte Bonny mit einem Sprung zur Seite ausweichen. Genauso schnell wie sie rausgekommen war kam sie wieder zurück. Sie berührte kurz die Innenfläche meiner rechten Hand mit ihrer Schnauze und machte hechelnd neben mir Sitz. Ich hatte grosse Lust, ihr eine Lektion zu erteilen. Dies hätte jedoch sämtliche Gesetze der Hundepsychologie verletzt. Also sagte ich zwischen den Zähnen “Braaaves Mädchen! Ganz braaav!” und kraulte sie am Kopf.