Mit “normalen” Vögeln hatte Bonny noch nie Schwierigkeiten. Sie jagt sie mit grosser Hingabe, auch wenn sie jedes Mal verständlicherweise den kürzeren zieht. Vor Hühnern fürchtete sie sich aber. Beim Spazieren macht sie jedes Mal einen Riesensatz, wenn sie die Hühner eines Nachbarn wahrnimmt.
Hier und jetzt, in einem kleinen Dorf in den Westkarpaten, fasste sie ihren ganzen Mut zusammen. Sie beobachtete eine Weile die Hühner der Nachbarin, die auf der Dorfstrasse in aller Ruhe ein Sandbad nahmen. Dann schlich sie sich an den Zaun heran und kroch unter den Stacheldraht durch. Und jetzt stürzte sie sich auf die verhassten Kreaturen. Die Hühner kannten sich bestens mit Hunden aus, die liefen aber immer friedlich vorbei. Mit einem heranstürzenden deutschen Kurzhaarschäferhund hatten sie keine Erfahrung. Also flüchteten sie in einer Staubwolke laut gackernd davon. Eines jedoch, das nicht schnell genug die Strasse verlassen konnte, wurde nun gejagt und nach und nach eingeholt. Im letzten Moment verschwand es im Halbflug durch einen Lattenzaun am Ende der Strasse in einen Garten. Braune Feder rieselten an dieser Stelle langsam herab.
Ich kam gerade richtig, um Bonny daran zu hindern, über den Zaun zu springen. Nachdem sie mit angelegten Ohren und eingeklemmten Schwanz die Züchtigung ertrug, blickte sie mich direkt an.
Der Teufel soll mich holen: ich konnte nicht nur Demut und Reue, sondern auch Stolz in ihren Augen erkennen.
PS (Für militante Tierschützer) Wenn man davon absieht, dass es drei Tage lang kein Ei legen konnte, hat das Huhn den Vorfall schadlos überstanden. Bitte daher von einer Anzeige abzusehen.